Vor 20 Jahren: Wie der Internet Explorer für Mac die Aqua-Oberfläche von Mac OS X vorwegnahm
Der Internet Explorer gehörte viele jahrzehntelang zum Grundrüstzeug jedes Windows-PCs. Zudem feierte die Microsoft-Software ein mehrjähriges Gastspiel als Standard-Browser auf Apple-Rechnern, nachdem Steve Jobs 1997 zum Unternehmen aus Cupertino zurückkehrte. Zwar schlug dem Programm eine Welle der Ablehnung seitens vieler Apple-Nutzer entgegen, doch die damalige Partnerschaft zwischen Apple und Microsoft sah den Internet Explorer als voreingestellten Browser auf Macs vor.
Nicht nur Teile der Mac-Gemeinde demotivierten Microsofts Browser-Entwickler seinerzeit – auch der CEO sorgte für Frust. Jimmy Grewal war damals maßgeblich an der Arbeit an der Mac-Version des Internet Explorers beteiligt. Auf Twitter erinnert er sich, wie anstrengend er die Zusammenarbeit mit Apple-Mitgründer Steve Jobs empfand.
Letzte Version des Internet Explorers für MacGrewal bezieht sich in seinen
Tweets auf den Internet Explorer 5 (Macintosh Edition), den Steve Jobs während der MacWorld-Keynote im Jahr 2000 vorstellte. Es handelte sich laut des Entwicklers zugleich um die wichtigste als auch die letzte Veröffentlichung einer neuen Explorer-Version für Macs. Die Rendering Engine sei eine komplette Eigenentwicklung für das Mac-Betriebssystem gewesen und habe dafür gesorgt, dass der Internet Explorer für Mac als erster Mainstream-Browser HTML-konforme Internetseiten korrekt darstellen konnte.
Microsoft-Browser nimmt Aqua-Design vorwegBeim Design der Benutzeroberfläche ließ sich das 40 Mitarbeiter umfassende Entwicklerteam vom damals noch in bunten Plastikgehäusen erhältlichen iMac inspirieren. Obwohl die UI an die später von Apple in Mac OS X eingeführte Aqua-Oberfläche erinnerte, sei Steve Jobs zunächst alles andere als begeistert gewesen. Außerhalb von Apples Entwicklungslaboren sollte niemand etwas über das neue User Interface wissen. Grewal zufolge war es Zufall, dass der Internet Explorer der damals neuen Apple-Ästhetik so ähnlich sah.
Jobs störte sich zudem an der neu entwickelten und von SoundJam MP lizenzierten Media Toolbar des Browsers, mit deren Hilfe sich MP3-Dateien ohne Drittanbieter-Tools direkt über den Browser abspielen ließen – ein seinerzeit innovatives Feature. Auf Weisung des Apple-Chefs musste die Funktion entfernt werden, da sie laut Jobs QuickTime untergrabe. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass Apple mit SoundJam längst Übernahmegespräche führte. Das Unternehmen kaufte die Softwareschmiede schließlich und veröffentlichte das Audio-Programm später mit neuem User Interface als „iTunes“.
Präsentation bei der MacWorld 2000Steve Jobs ging während seiner Keynote-Rede anlässlich der MacWorld 2000 auf einige Neuerungen des Internet Explorer 5 ein – wenn auch nicht auf die meisten der zuvor vereinbarten Punkte, so Grewal. Der Apple-Chef begründete die Aqua-artige Oberfläche des Browsers mit den neuen Möglichkeiten der Mac-Betriebssystemschnittstelle Carbon. Dabei sei ein Großteil der UI unabhängig davon entstanden, weshalb der Browser in Mac OS 9 praktisch genauso aussah wie in Mac OS X (samt Carbon).
Obwohl sich Grewal zur Jahrtausendwende über die Zusammenarbeit mit Jobs ärgerte, blickt er mit Genugtuung auf die Arbeit seines Teams zurück. Der Browser habe seinerzeit viel Lob erhalten. Die letzte Mac-Version des Internet Explorers erschien 2003. Bald wird es mit Microsoft Edge erstmals seit vielen Jahren wieder einen Browser des Redmonder Unternehmens für Apple-Rechner geben.