Vor 30 Jahren: Apple präsentiert eWorld – und scheitert als Online-Anbieter
Wenn man heute und in den 90er Jahren von seinem "Internet-Anbieter" spricht, sind meist zwei unterschiedliche Dinge gemeint. Inzwischen handelt es sich Telefonanbieter wie Telekom, Vodafone oder andere DSL-/Kabel-Unternehmen, die den Anschluss stellen, jeden beliebigen Online-Inhalt aufrufen zu können. Damals hingegen buhlten Dienste wie CompuServe oder AOL um die Gunst der Kunden und lockten mit ihrer eigenen Umgebung und vielen integrierten Funktionen. Vor genau 30 Jahren betrat noch ein weiterer Akteur das Spielfeld – Apple brachte im Juni 1994 "eWorld" auf den Markt und wollte Nutzer mit "spannenden Events und Ereignissen, Support-Angeboten, führenden Software-Entwicklern und Macintosh-Besitzern allerorts" verbinden.
AppleLink war der AnfangDie Ursprünge von eWorld waren noch sehr viel älter, denn bereits in den 80er Jahren gab es "AppleLink". Was zunächst nur als ein Kommunikationskanal zwischen Händlern und Apple gedacht war, wurde zusammen mit Quantum Computer zu einem Produkt für Endkunden ausgebaut. Rund 15 Dollar pro Betriebsstunde waren tagsüber zu entrichten (nachts: 6 Dollar), wobei es sich weitgehend um jene Gebühren handelte, die Apple für das Backend von General Electrics bezahlen musste. Es gab jedoch nicht zu überwindende Meinungsverschiedenheiten mit Quantum, welche zum Ende der Partnerschaft führen sollten.
Eine Art Sim City als Online-DienstDer AppleLink-Nachfolger eWorld hatte hingegen einen vergleichsweise verspielten Anstrich, Apple wählte Metaphern wie "Marktplatz" oder "Stadthalle", um die Navigation durch jene virtuelle Stadt zu beschreiben. Außerordentlich modern: Für die 8,95 Dollar Monatsgebühr (welche zwei Stunden Nutzung beinhalteten!) konnte man sogar eine E-Mail-Adresse verwenden. Ein Web-Browser war zunächst nicht enthalten, auf die versprochene Windows-Version wartete man zudem vergebens. Nach Aufbrauchen des Inklusivvolumens, welches ohnehin nicht tagsüber eingesetzt werden konnte, waren 4,95 Dollar pro Stunde zu bezahlen.
Schnell war schon wieder SchlussAllerdings sollte es sich bei Apples Online-Welt nur um ein kurzlebiges Angebot handeln. Apples Management war rasch zur Erkenntnis gekommen, nicht gegen AOL anstinken zu können. Die Abschaltung stand bereits 1996 fest, was laut offiziellen Angaben weniger als 150.000 Nutzer betraf. Apples strategischer Fehler, eWorld nicht auf neuen Macs mitzuliefern, machte das Angebot für viele Nutzer schlicht nicht auffindbar. Erst Ende 1995 korrigierte Apple jenes offensichtliche Versäumnis, zu diesem Zeitpunkt waren aber längst schon strikte Sparprogramme verabschiedet und die Weiterentwicklung nicht gewährleistet. Wer zuvor eWorld-Kunde war, wanderte übrigens zu AOL – denn America Online übernahm im März 1996 den kompletten Dienst.