Vor 30 Jahren: Bill Gates legendärer Brief an Apple
Die einst so scharfe
Rivalität zwischen Apple und Microsoft verblasst zunehmend und längst sind viel eher Samsung und Google Apples am häufigsten genannte direkte Konkurrenten. In den 80er und 90er Jahren sah dies allerdings noch ganz anders aus. Es herrschten nicht nur Glaubenskriege zwischen den Nutzern, sondern auch juristische Auseinandersetzungen. Apple beschuldigte Microsoft, schonungslos beim Macintosh abgekupfert zu haben und forderte als Schadensersatz umgerechnet fast 5 Milliarden Dollar - Anfang der 90er Jahre eine gigantische Summe für Apple. Bekanntlich unterlag Apple aber vor Gericht und es gab endgültig keinen ernsthaften Gegner für Microsoft Windows mehr - zumindest von den Marktanteilen her gesehen.
Gates war begeistert vom MacDass Apple den "Desktop War" so eindeutig verlor, Windows das alles dominierende System wurde und Apple in den 90ern sogar nicht mehr weit von der Pleite entfernt war, hätte durchaus anders kommen können. Microsofts Mitgründer Bill Gates galt von Anfang an als großer Fan des Macintosh und war fasziniert von den Möglichkeiten, die Apples grafische Benutzeroberfläche bot. Vor genau 30 Jahren schrieb Bill Gates daher einen historischen Brief an den damaligen CEO John Sculley und warb dafür, Macintosh-Technologie zu lizenzieren.
Bill Gates VorschlägeIm Brief heißt es sinngemäß: "Apple muss den Macintosh zum Standard machen. Allerdings kann kein Computerunternehmen, nicht einmal IBM, einen Standard ohne Unterstützung von Partnern durchsetzen. Obwohl Apple dies sicherlich bewusst ist, gelang es bislang nicht, genau diese Unterstützung von unabhängigen Seiten sicherzustellen". Bill Gates' Lösungsvorschlag: Zunächst sollten einige wenige Unternehmen eine Lizenz erhalten, Macintosh-Technologie zu verwenden, unter anderem Motorola, AT&T, Texas Instruments, Hewlett Packard und Xerox. Auf diese Weise würden erheblich mehr Computer mit Apples System laufen und einen viel größeren Kundenkreis ansprechen.
Von der IBM-Welt lernenMit Lizenzen und Offenheit ginge aber noch ein ganz anderer Vorteil einher, so Gates. Defizite der IBM-Architektur werden dadurch eliminiert, da es von zahlreichen Herstellern Zubehör gebe, unter anderem in Form von Erweiterungskarten oder der Möglichkeit, eigene Computerkonzepte zu entwickeln. Die abgeschottete Macintosh-Plattform unterbinde dies jedoch, denn das Risiko falle zu groß, der Markt jedoch zu klein aus.
Apples Technologie - Zeug zum MarktführerApples innovative Technologien haben laut Gates das Zeug dazu, den Markt anzuführen und zum Standard zu werden. Dazu müsse Apple die Plattform aber öffnen und sich die große Dynamik des Marktes zunutze machen. Nur größere Vielfalt sowie Konkurrenz innerhalb der "Mac-Kompatiblen" sorge für Vertrauen in Unternehmen, da auf diese Weise Wahlfreiheit herrsche und man nicht in einer Plattform eingesperrt sei. Auch die zusätzliche Marketingmacht durch weitere Unternehmen sei nicht zu unterschätzen.
Apples ReaktionDie Reaktion auf den Brief ist bekannt. Apple lehnte die Vorschläge von Bill Gates ab und wollte die Plattform nicht öffnen. Erst ein Jahrzehnt später erfolgte der Versuch, über die so genannten "Clones" Marktanteile zu gewinnen, indem andere Hersteller Lizenzen für Mac OS erhielten. Zu dieser Zeit war es aber schon viel zu spät, Windows die alles dominierende Macht - und das Clone-Geschäft ein gewaltiger finanzieller Fehlschlag für Apple, denn die eigenen Verkaufszahlen gingen stark zurück. Spannend bleibt das Gedankenspiel, ob Apple wohl heute in der Computerbranche den Stellenwert von Microsoft hätte, wäre man im Juni 1985 Gates' Vorschlägen nachgekommen und hätte die eigene Architektur möglicherweise zum Industriestandard gemacht.
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