WLAN: Warum die Störerhaftung alles andere als abgeschafft ist
Deutschland hinkt der fortschreitenden Digitalisierung in vielen Bereichen hinterher, woran unter anderem auch der mangelhafte öffentliche Zugang zum Internet per WLAN schuld ist. Privatpersonen öffnen ihr WLAN nicht, weil sie Angst haben, eine Abmahnung zu bekommen, wenn ein Dritter ihr WLAN bspw. für Urheberrechtsverletzungen missbraucht. Die Störerhaftung und die Rechtsprechung des BGH machen solche Abmahnungen möglich. Was es damit auf sich hat und welche Konsequenzen die gesetzliche Neuregelung bietet, erklärt Rechtsanwalt Tobias Röttger von der Kanzlei "gulden röttger Rechtsanwälte" in Mainz (
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Störerhaftung und Abmahnungen sind ein deutsches Phänomen, was die meisten anderen Länder so nicht kennen. Damit Deutschland in der digitalen Entwicklung nicht weiter hinterherhinkt, will die Bundesregierung die haftungsrechtlichen Hürden für die WLAN Besitzer beseitigen. Nur so wäre ein flächendeckendes WLAN, welches durch einen Großteil der privaten Bevölkerung gestellt werden soll, überhaupt realisierbar.
Was ist die Störerhaftung eigentlich?Die Störerhaftung ist ein deutsches juristisches Konstrukt, um platt gesagt, jemand in Haftung nehmen zu können, der selbst nicht als Täter in Frage kommt. Die Störerhaftung setzt lediglich voraus, dass man bspw. eine Urheberrechtsverletzung eines Dritten ermöglicht. Daher kann grundsätzlich auch derjenige in Haftung genommen werden, der nur die Internetverbindung bereitgestellt hat. Die Störerhaftung greift dann zugunsten der Rechteinhaber ein, wenn der WLAN-Anbieter gewisse Sicherungs- und Aufklärungsmaßnahmen nicht durchgeführt hat.. Wie diese auszusehen haben, ist nirgendwo gesetzlich verankert und liegt im Ermessen der Gerichte.
Hoffnungen enttäuschtStand heute: Das Haftungsrisiko des privaten WLAN-Anbieters wird auch durch die geplante Änderung des § 8 TMG nicht wesentlich minimiert. Seit in der Presse und durch den netzpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Klingbeil, die Abschaffung der Störerhaftung von WLAN-Anbietern gefeiert wird, bekommen wir von Mandanten immer wieder die Frage gestellt, ob man jetzt keine Abmahnung mehr bekommen kann, wenn man ein offenes WLAN anbietet. Nachdem nun der Gesetzesentwurf vorliegt, muss ich die Hoffnungen leider zerstören. Die Abmahngefahr ist nicht gebannt.
Eine Erweiterung hat es in sichDer bestehende § 8 TMG, der die Haftungsverantwortlichkeiten von Access-Providern regelt, soll um einen dritten Absatz erweitert werden, der folgende Regelung beinhaltet:
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.
Der Absatz 3 stellt klar, dass die Haftungsprivilegien des § 8 Abs. 1 und 2 TMG auch für private WLAN-Anbieter gelten. Durch dieses Providerprivileg ist auch der private WLAN-Anbieter vor Schadensersatzforderungen geschützt, jedoch nicht vor Unterlassungsansprüchen. Der BGH fährt hier seit Jahren konsequente eine heiß diskutierte Linie, in dem er in all seinen Entscheidungen klipp und klar feststellt, dass Unterlassungsansprüche nicht von § 8 TMG ausgeschlossen werden.
...und eine Erweiterung fiel wegIn einer ursprünglichen Version des Gesetzesentwurfs für den erneuerten § 8 TMG war ein weiterer Absatz (§ 8 Abs. 4 TMG) geplant, dessen Regelung unter bestimmten Voraussetzungen explizit auch die Haftung auf Unterlassung ausgeschlossen hätte:
(4)Diensteanbieter nach Absatz 3 können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Diensteanbieter
1. angemessene Sicherungsmaßnahmen gegen den unberechtigten Zugriff auf das drahtlose lokale Netzwerk ergriffen hat und
2. Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen.
Als im letzten Jahr dieser Gesetzesentwurf das Licht der Öffentlichkeit erblickte, ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung, da die in Absatz 4 geforderten Sicherungsmaßnahmen und Aufklärungspflichten gerade für den privaten WLAN-Anbieter kaum durchführbar waren.