WSJ: Wie Tim Cook Apple veränderte und das Unternehmen prägte
In einem ausführlichen Profil geht das Wall Street Journal darauf ein, wie Tim Cook dem Unternehmen seinen eigenen Stempel aufdrückte und Apple in den vergangenen neun Jahren veränderte. Nach dem Tod von Steve Jobs im Oktober 2011 herrschte die Sorge, Apple könne vor dem Niedergang stehen, da nun der große Innovator und Firmenlenker fehlt. Nachdem in den Anfangsjahren tatsächlich etwas Sorge herrschte, man denke an die Fehlbesetzung des damaligen Retail-Chefs (siehe
) sowie lange Phasen ohne Produktneuerungen, hat sich das Bild längst gewandelt. Apple ist weiterhin mit dem Mac erfolgreich, schreibt ein Rekordquartal nach dem anderen und erschloss zusätzliche Märkte. Ob es der boomende Dienstebereich, die Apple Watch oder die AirPods sind, letztere wären schon alleine eines der größten US-Unternehmen, Apple ist vielseitig aufgestellt und trotzt auch wirtschaftlichen Krisen.
Nicht tun, was Jobs getan hätteDas
Profil erwähnt, wie Tim Cook von Anfang an den Ratschlag und Wunsch von Steve Jobs beherzigte, nicht danach zu fragen, was ein Jobs in dieser Situation getan hätte. Cook, der als Workaholic mit dem einen zentralen Lebensinhalt "Apple" beschrieben wird, führte sein Amt von Anfang an anders als Jobs. Weiterhin steht Cook schon vor vier Uhr morgens auf, studiert die weltweiten Absatzzahlen, hält regelmäßige Meetings mit den Operations- sowie Finanz-Teams ab – besucht aber die Design-Studios nicht mit der jobs'schen Regelmäßigkeit. Hier vertraut Cook auf die Kompetenz des Personals, anstatt sich in alle Produktdetails und vor allem Design-Aspekte einzumischen. Dies war wohl auch die Arbeitsweise, welche Steve Jobs einst als "Tim ist kein Produkt-Mensch" bezeichnete.
Detailverliebt, erwartet PerfektionTrotz allem lässt sich aber nicht leugnen, dass Cook sehr detailverliebt arbeitet, womit nicht nur wirtschaftliche Aspekte, sondern auch Produktausrichtung gemeint ist. Genauso wie Jobs verlangt Cook Perfektion bei Arbeitsergebnissen – kleine Fehler sieht er schon als Anzeichen, dass ein Bekenntnis zu Exzellenz fehlt. Wer nicht vollständig vorbereitet in eine Besprechung mit Cook geht, wird sofort unterbrochen und muss wieder gehen. Für ganz neue Apple-Mitarbeiter gilt die Empfehlung, sich in Meetings nicht zu Wort zu melden, bis sie das erwünschte Diskussionsverhalten verinnerlicht haben. Zeitverschwendung ist Cook verhasst – und wer seine Zeit über Gebühr in Anspruch nimmt, wird unverblümt unterbrochen und weggeschickt. Gleichzeitig ist Cook aber bei inhaltlich überzeugenden Vorträgen ein guter Zuhörer, was ihn stark von Jobs unterscheidet, welcher sich in Meetings immer den Großteil der Wortbeiträge selbst einräumte.
Vorsichtige Produktplanung, kein Sinn für AbenteuerAls Hardware-Chef Dan Riccio einst die Idee eines Smart Speakers präsentierte, habe Cook ihn mit unzähligen Fragen zur genauen Funktionsweise gelöchert. Bei neuer Hardware agiere Cook mit großer Vorsicht und will Fehlschläge verhindern. Aus diesem Grund gibt es auch nur dann grünes Licht, wenn ihm die jeweiligen Projekte gut durchdacht und die Ideen ausgereift erscheinen. Dabei lautet der Fokus nicht, von Anfang an massive Verkaufszahlen erreichen zu müssen. Im Falle von Apple TV+, das kommerziell noch alles andere als erfolgreich ist, laute Cooks Einschätzung, man müsse nur konsequent weiter am Dienst arbeiten. Bei mehr als einer Milliarde aktiver Apple-Devices sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Abonnentenzahlen anziehen.
Gefeiert wird bei Cook eher fürs Foto
Cook gilt als einsamer MenschDa Tim Cook seine gesamte Energie in Apple investiert, gilt er aber auch als ziemlich einsamer Mensch. Private Termine in seinem Terminkalender gibt es nahezu gar nicht – ein Umstand, den man ihm aber auch schon vor seiner Beförderung zum CEO so nachsagte. Urlaub macht Cook nicht. Sich nach einem iPhone-Verkaufsstart für wenige Stunden alleine in einem Hotel zu entspannen, das seiner Ansicht nach "die besten Masseure der Welt hat", ist Urlaubsreise genug.
Gleichberechtigung und Förderung sind wichtige Themen für Cook
Arbeitsklima und AusrichtungDas Arbeitsklima bei Apple hat sich unter Tim Cook verbessert, dies war schon in diversen anderen Berichten zu hören. Auch unter den Mitarbeitern herrschte am Anfang Sorge, ob Apple noch in der Lage sei, innovative Produkte zu liefern und auf dem hektischen Markt mitzuhalten. Die eingangs erwähnten Beispiele und Apples beeindruckende Verkaufs- und Umsatzzahlen über alle Sparten hinweg ließen diese Sorge jedoch verstummen. Cook schafft es, eine freundlichere Atmosphäre im Unternehmen zu schaffen, die mehr auf Wertschätzung als auf Angst vor Wutausbrüchen basiert. Dies fördert auch die Bereitschaft, neue Ideen vorzubringen, denn persönliche Beleidigungen und Beschimpfungen haben Mitarbeiter nicht zu befürchten – was bei Cooks Vorgänger noch ganz anders war. Nichts geändert hat sich allerdings an Kritikpunkt Nummer 1: Wer bei Apple Karriere machen will, muss drastische Einbußen beim Privatleben hinnehmen und beinahe rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird gemeinhin gelobt, dass Apple unter Cook politischer wurde und sich in gesellschaftlichen Belangen engagiert – sei es beim Umweltschutz oder im Kampf gegen Diskriminierung.