Walt Mossberg: Apple-Software hat ein Qualitätsproblem
Wenn jemand bislang als Apple-Fan unter den IT-Journalisten galt, dann war es der ehemalige WSJ-Kolumnist Walt Mossberg. Selbst bei Unzulänglichkeiten wie dem Antennenproblem des iPhone 4 oder veralteten Daten in den Apple-Karten war
sein Grundtenor bislang gleich: Apple bietet für Nutzer die beste funktionierende Gesamtlösung. Dies ist aber jetzt offenbar vorbei und Mossberg der Geduldsfaden gerissen. In seiner neuesten Kolumne auf Re/code hält Mossberg die Hardware-Qualität bei Apple zwar nach wie vor für sehr gut, die Software-Qualität dagegen nehme seiner Meinung nach seit einigen Jahren spürbar ab.
iTunesZu bemerken ist dies beispielhaft an iTunes, einem der zentralen Apps in Apples Ökosystem. Auf dem Mac beherbergt iTunes nicht nur den Zugang zum Store, sondern dient auch zur Verwaltung von iPad, iPhone, iPod, Podcasts und iTunes U. Nach dem Redesign 2012 wurde es kurzzeitig besser. Mit Apple Music sei die überladene Funktionsvielfalt jedoch plötzlich schlimmer geworden und iTunes so langsam wie nie zuvor, so Mossberg. Seiner Ansicht nach sei es höchste Zeit, iTunes wie in iOS auf kleinere Apps aufzuteilen - beispielsweise auf spezielle Apps für Musik, Videos und Podcasts. Allerdings bemerkt er treffend, dass sich Apple diesem Ansatz bei der OS-X-Version bislang verweigert hat.
MailIn seiner Ausführung zu den Unzulänglichkeiten von Mail schwärmt Mossberg von früheren Tagen, als selbst der Filter gegen Werbe-E-Mails innovativ und der Konkurrenz voraus war. Im Vergleich mit Dritthersteller wirke Mail aber mittlerweile veraltet und sei beim Umgang mit großen E-Mail-Mengen wenig hilfreich. Abgesehen von erweiterten Wischgesten habe Apple die neuen Ansätze aber nicht aufgegriffen, muss Mossberg resigniert feststellen.
Besonders im Umgang mit Gmail offenbaren sich außerdem Unzulänglichkeiten sowie Probleme mit Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit. Empfang und Versand sei langsam, die Suche finde nicht alles und einige E-Mails würden nicht angezeigt. Apple und Google schieben sich die Schuld gegenseitig zu, doch zeigen Dritthersteller, wie Gmail-Integration besser funktionieren kann. Möchte man jedoch keine Dritthersteller-Lösung verwenden, sei der Einsatz der Gmail-App oder der Gmail-Webseite unausweichlich.
FotosUm das veraltete iPhoto abzulösen, vollzog Apple im vergangenen Jahr den Reset mit Veröffentlichung der neue Fotos-App für den Mac. Die neue App greift das iOS-Konzept auf und sei laut Mossberg schneller und übersichtlicher. Die optionale Anbindung an die iCloud Fotomediathek sei aber anders als auf iPhone und iPad langsam und unzuverlässig. Dabei habe Mossberg eigenen Angaben zufolge nicht einmal besonders viele Fotos und unterschreite die Grenze von 50.000 deutlich. Dennoch komme es vor, dass Fotos nicht gefunden werden oder ohne kleines Vorschaubild gelistet sind.
iCloudIm Bereich Cloud-Software sei Apple aber ohnehin besonders schwach, resümiert Mossberg. Einige Aspekte wie die Synchronisation von Kontakten und iMessages funktioniere großartig, was man von anderen Bereichen jedoch nicht sagen könne. Hierzu zählen laut Mossberg nicht nur die iCloud Fotomediathek, sondern auch die Synchronisation von Safari-Lesezeichen, iBooks, Pages-Kommentaren und sogar Backups. Continuity und Handoff seien diesbezüglich nur ein Notbehelf für die grundlegenden Cloud-Probleme bei Apple.
"Es funktioniert einfach" nicht mehr so gutDie Probleme seien für sich betrachtet nicht besonders bemerkenswert, räumt Mossberg ein, doch gäbe es eine grundlegende Tendenz. Die vielen kleinen Enttäuschungen bezüglich der Software würden sich mit der Zeit anhäufen und den guten Eindruck der Apple-Hardware gefährden, so Mossberg.
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