Warum Apple den Anschluss in Indien verpasst
Apple intensivierte eine Zeitlang seine Bemühungen, im zweibevölkerungsreichsten Land der Welt iPhones zu verkaufen. Nun beschäftigt sich ein
Artikel des Wall Street Journals mit den Trümmern dieser Anstrengungen.
Großer, unerschlossener MarktWährend überall auf der Welt die Smartphone-Verkäufe abflachen und Wachstumsraten einbrechen, schaut die Mobilfunkindustrie nach Indien. In dem Land leben über 1,4 Milliarden Menschen von denen nur 24 Prozent ein Smartphone besitzen. Die Anzahl derer wächst jedoch schneller als in jedem anderen Land. Alleine für 2018 rechnen Forschungsinstitute mit 39 Millionen neuer Smartphone-Besitzer. Allerdings unterscheidet sich der Martk von anderen: 95 Prozent der verkauften Geräte kosten weniger als 500 US-Dollar, 75 Prozent weniger als 250. Die meisten Geräte verkaufen kleine lokale Händler im ländlichen Raum, wo die Mehrheit der Inder lebt.
Apple 2015: Indien soll unser Wachstumsmotor werden2008 brachte Apple das iPhone nach Indien. Zunächst hatte man reiche Inder im Visier, später erweiterte das kalifornische Unternehmen seine Zielgruppe auf die Mittelschicht. Der Umsatz stieg von etwa 100 Millionen Dollar 2011 auf eine Milliarde Dollar 2015. Das – so Quellen des Journals – erregte die Aufmerksamkeit in Cupertino. Die Führungskräfte Apples wollten Indien zu dem Wachstumsmarkt des Konzerns machen und erstellten einen 5-Jahres-Plan, um den Umsatz bis 2020 auf 5 Milliarden US-Dollar zu erhöhen.
Cook startet 2016 Charme-OffensiveTim Cook reiste daraufhin nach Indien, traf sich 2016 mit Premierminister Narendra Modi, besuchte Tempel und lokale Händler, posierte mit Bollywood-Stars. Er erkannte: "Indien ist anders und wir müssen es anders behandeln." Cook stellte den Vertriebsspezialisten Sanjay Kaul ein, der flugs ein umfassendes Vertriebsnetz aufspannte. Parallel legte Apple satte Rabatte auf. Trotzdessen waren die Geräte ausschließlich für die Oberschicht erschwinglich. Die Lager der Vertriebspartner ächzten.
Die Konkurrenz legt den zweiten Gang einOnePlus, Xiaomi, Oppo und Vivo überfluteten Indien derweil mit kostengünstigen Smartphones mit Preispunkten zum Teil unter 200 Dollar. Die chinesischen Konzerne führten Martkforschungsanalysen durch und passten ihre Produkte den lokalen Gegebenheiten an. Apples Marktanteil ist nun von 2 Prozent auf 1 Prozent gerutscht, die Anzahl der verkauften Geräte um 40 Prozent eingebrochen. Der Jahresumsatz liegt bei 1,8 Milliarden Dollar, Apple hat angeblich mehr als den doppelten Umsatz erhofft. OnePlus hält zurzeit 30 Prozent Marktanteil im Premium-Segment, Apple 25.
Viele Probleme an unterschiedlichen FrontenApples Wettbewerber haben zudem den Vorteil, dass sie im Land fertigen und somit Einfuhrzöllen von 20 Prozent entgehen. Im vergangenen Jahr hat Apple schließlich mit einem Werk zur Montage des iPhone SE nachgezogen und verhandelt nun um die Einfuhrabgaben für die Komponenten, die nach wie vor aus China stammen. Auch Apple Stores gibt es bisher nicht, denn Indien verlangt von ausländischen Einzelhändlern, dass die Fertigungsmaterialien der dort feilgebotenen Produkte zu 30 Prozent aus Indien stammen müssen. Indische Beamte sind der Meinung, Apple tue nicht genug dafür, in die lokale Produktion zu investieren und HighTech-Arbeitsplätze in das Land zu bringen.
Strategiewechsel zurückDas weite Vertriebsnetz hat Apple mittlerweile wieder eingedampft, auch Sanjay Kaul arbeitet nicht mehr für die Kalifornier. Stattdessen verfolgt man nun wieder die alte Strategie, wohlhabende Inder zu erreichen – etwa über High-End-Einkaufszentren. Tim Cook war seit 2016 kein weiteres Mal in Indien.