Aperture, Final Cut Pro (bis Version 7) und iDVDApple hat sich noch nie gescheut, selbst einst als „revolutionär“ bezeichnete Produkte wieder abzuschaffen, wenn diese nicht mehr zur Firmenstrategie passen. MacTechNews
widmete sich bereits diversen Hardware-Standards und -Anschlüssen, die der Konzern über die Jahre ersetzte oder ganz einstellte.
Jetzt ist die Software dran. Wir stellen neun ehemals populäre Anwendungen und Dienste vor, die Apple in der jüngeren Vergangenheit entweder komplett beerdigte oder zumindest vom Funktionsumfang her stark einschränkte.
Aperture„Es hat mich umgehauen. Ich glaube es wird die Fotografie revolutionieren.“ So schilderte Sportfotograf Heinz Kluetmeier seine ersten Eindrücke nach der Vorstellung von Aperture im Jahr 2005. Während iPhoto durch die einfachen Fotobearbeitungs- und Organisationsfunktionen Privatanwender ansprach, sollte Aperture den Fokus fortan auf anspruchsvolle Hobbyfotografen und professionelle Anwender richten.
Nutzer würden in Zukunft auf die Aperture-Präsentation zurückblicken als den Tag, der für Fotografen alles veränderte, so Apple gewohnt vollmundig. Apple beschrieb das auf die leistungsstarke Verarbeitung von RAW-Dateien ausgelegte Programm, das auch das Dateiformat des Quasi-Industriestandards Photoshop unterstützte, als All-In-One-Lösung für den Arbeitsablauf von Fotografen. Die Nutzung der in Mac OS X integrierten Technologie
Core Image versprach auch mit anspruchsvolleren Dateiformaten vergleichsweise schnelle Bildberechnungen.
Apple stattete Aperture in den Folgejahren zwar immer wieder mit neuen Funktionen aus. Die auf Macs beschränkte Foto-Lösung hatte es aber zunehmend schwerer gegen plattformübergreifende sowie funktionsmächtige Konkurrenten wie Lightroom, das Adobe 2007 vorstellte und nahtlos in die hauseigene Creative-Suite integrierte. Im Zuge der Umstellung von iPhoto auf Fotos im Jahr 2014 verkündete Apple das Aus von Aperture.
Final Cut Pro (bis Version 7)Der Ursprung von Final Cut lag bei Adobe Premiere. Als Randy Ubillos, Chefentwickler der ersten drei Adobe-Premiere-Versionen, Mitte der 1990er-Jahre zu Macromedia wechselte, begann er, sich KeyGrip zu widmen. Die Software war als eine mehr auf den Profimarkt ausgerichtete Alternative zu Adobe Premiere gedacht und basierte auf Apples Multimedia-Framework QuickTime. Wegen eines Lizenzstreits mit Microsoft konnte Macromedia KeyGrip, das schließlich in „Final Cut“ umbenannt wurde, aber nicht veröffentlichen. Es sah alles nach einer Totgeburt aus.
Als Konsequenz daraus begann Macromedia, sich mehr auf Webanwendungen zu konzentrieren und sah sich verzweifelt nach einem Käufer für das noch im Alphastadium vorliegende Final Cut um. Apple schlug schließlich zu und erwarb das Programm samt des dazugehörigen Entwicklerteams rund um Randy Ubillos. Die erste Version von Final Cut kam schließlich 1999 auf den Markt. Für den Konsumentenmarkt interessant war die Unterstützung für Camcorder via DV/Firewire.
In den Folgejahren wuchs der Funktionsumfang stetig. Ebenso unterstützte das Videowerkzeug immer mehr HD-Formate. Mit Final Cut Express brachte Apple 2003 eine von den Features und der Formatfülle her abgespeckte Version auf den Markt, die auf Privatanwender abzielte und deutlich preisgünstiger als der große Bruder war.
Apple stoppte 2006 den Verkauf von Final Cut als Standalone-Anwendung und brachte stattdessen die Videosuite Final Cut Studio auf den Markt. Darin war die erste für Intel-Macs optimierte Final-Cut-Version 5.1 enthalten. Für Nutzerfrust sorgte die nicht mehr unterstützte Schnittstelle für After-Effects-Plugins, die Apple durch das hauseigene FxPlug ersetzte. Der Nachfolger Final Cut Studio 2 enthielt außer dem eigentlichen Schnittprogramm noch DVD Studio Pro 4.2, Soundtrack, LiveType, Compressor, Motion 3 und die Negativschnitt-Software Cinema Tools.
Apple war mit Final Cut zwischenzeitlich zu einem Big Player in der Filmindustrie geworden. Zu dem mit dem Videowerkzeug geschnittenen Filmen gehören The Ring, Corpse Bride, 300, Die Simpsons – Der Film, X-Men Origins: Wolverine, No Country for Old Men und The Social Network.
Ende der 2000er-Jahre äußerten mehr und mehr Videoanwender jedoch Kritik an Apple, da Final Cut kaum noch nennenswerte Updates erhielt und der Konkurrenz auch technologisch anfing, hinterher zu hinken. Die antiquierte Aqua-Benutzeroberfläche, die Apple anno 2010 längst in keiner anderen aktuellen Software mehr einsetzte, war sinnbildlich für die stagnierende Entwicklung.
Als der iPhone-Konzern das technologisch sowie optisch runderneuerte Final Cut Pro X im Sommer 2011 veröffentlichte und als „Revolution“ anpries,
waren viele Nutzer entsetzt. Die neue Anwendung sei lediglich ein besseres iMovie und richte sich kaum mehr an den Profimarkt, so die Kritik. Zwar bot Final Cut endlich 64-Bit-Unterstützung (plus OpenCL sowie Grand Central Dispatch), eine moderne Optik und war drastisch im Preis gesenkt. Dafür griff Apple aber an anderen Stellen massiv zum Rotstift. Essenzielle Funktionen wie Multicam, Final Cut Server und die Unterstützung diverser Formate fehlten. Wer noch Final-Cut-7-Projekte gespeichert hatte, konnte diese mit der neuen Version des Schnittprogramms nicht verwenden. Color, Soundtrack Pro und DVD Studio Pro fielen ersatzlos weg. Motion und Compressor waren von nun an Standalone-Software.
Nichtsdestotrotz kommt Final Cut X nach wie vor im professionellen Bereich zum Einsatz, zumal Apple in den letzten Jahren diverse der schmerzlich vermissten Funktionen nachgeliefert und
die Oberfläche überarbeitet hat. BBC News und der Schweizer Sender SRF etwa setzen auf das Schnittprogramm. Auch der Hollywoodfilm Focus entstand mithilfe von Final Cut X.
Randy Ubillos verabschiedete sich 2015 in den Ruhestand.
iDVDAls Steve Jobs iDVD zusammen mit der ersten Version von iTunes 2001 auf der Macworld in San Francisco präsentierte, schien ihm das DVD-Werkzeug mindestens so wichtig zu sein wie die Musik-App. Er habe schon seit einigen Jahren davon geträumt, so Jobs. Sie sei „revolutionär“.
Die Hoffnungen, die Apple und die Nutzer in iDVD setzten, waren groß. Um die Jahrtausendwende war die DVD das aufsteigende Videomedium schlechthin. An Streaming-Portale wie YouTube und Smartphones mit HD-Videofunktion wagte noch kaum jemand überhaupt nur zu denken. Wenn Nutzer ansprechende Clips aufnehmen wollten, mussten sie sich einen im Vergleich zu heutigen Mobilgeräten klobigen Camcorder kaufen. Zwar gelangen Filmaufnahmen damit relativ einfach. Dazu bot iMovie benutzerfreundliche Möglichkeiten, das Material zu schneiden und mit Effekten zu versehen. Anschließend stellte sich jedoch die Frage, wie das geschnittene Material auf den Fernseher kommt.
Smart-TVs, Apple TV und Co. gab es noch nicht. Trotzdem wollten Nutzer ihre Videos gerne auf einem großen Display sehen und mit zu Verwandten und Freunden nehmen. Das ging seinerzeit nur mit einem physischen Speichermedium, da für Streaming sowohl entsprechende Online-Plattformen als auch eine ausreichende Internetgeschwindigkeit fehlten. Die DVD war wegen ihrer Speicherkapazität, fallender Rohlingpreise und der zunehmenden Verbreitung entsprechender Player prädestiniert dafür.
Viele der vorhandenen DVD-Anwendungen waren teuer und umständlich zu bedienen, sodass sich diverse Nutzer nicht so recht an die Erstellung eigener DVDs herantrauten. Apple wollte die DVD-Produktion durch eine besonders hohe Benutzerfreundlichkeit dagegen praktisch jedem Anwender ermöglichen. Die Lösung aus Cupertino hieß iDVD. Das Programm sollte die laut Jobs „drei Hürden“ der DVD-Kreation so niedrig legen, dass jeder sie meistert: Layout erstellen, Daten encodieren und DVD brennen. Das seinerzeit noch in Macs verbaute Superdrive kümmerte sich um den Brennvorgang, die anderen beiden Bereiche waren die Aufgabe von iDVD. Nutzer konnten eigene Videos in Kapitel aufteilen und zur einfacheren Navigation mit ansprechenden Menüs versehen.
In der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre verlor Apples DVD-App zunehmend an Bedeutung. YouTube und andere Streamingdienste sowie physische Nachfolgemedien, die das HD-Format unterstützten, liefen der DVD zunehmend den Rang ab. iDVD entwickelte sich zum kaum mehr beachteten Stiefkind der iLife-Suite. 2011 versetzte Apple der Anwendung schließlich den Todesstoß, als schon einige Macs gar nicht mehr mit DVD-Laufwerk ausgeliefert wurden.