So hat sich Apple unter Tim Cook entwickelt: iPhone X, Apple Watch und neue Unternehmenskultur
Apple-Maps-Desaster und Neuordnung der FührungsriegeBei aller Perfektion und Genauigkeit ist Apple auch unter Tim Cooks Leitung nicht vor Fehlern und daraus resultierenden PR-Desastern sicher. Allerdings hat sich der Umgang damit im Vergleich zur Jobs-Ära grundlegend geändert.
Vor mehr als sieben Jahren sorgte das iPhone 4 für ungewollte Schlagzeilen. Nicht nur, dass ein Apple-Mitarbeiter einen Prototypen Monate vor der Veröffentlichung in einer Bar vergaß und so der ganzen Welt das Design des nächsten iPhones verriet – nach der Präsentation sah sich Apple zudem mit „Antennagate“ konfrontiert. Dieser von den Medien geprägte Begriff bezeichnet Empfangsprobleme des iPhone 4, wenn Nutzer das Gerät auf eine bestimmte Art in der Hand halten.
Bestimmt reagierte der damalige Apple-CEO Steve Jobs auf die Pannen mit seinen üblichen Tobsuchtsanfällen – nach außen hingegen folgten nicht etwa Schuldeingeständnisse und Versprechen auf Besserung. Zwar reagierte Jobs auf „Antennagate“ aufgrund des öffentlichen Drucks und der Gefahr einer Sammelklage in den USA mit einem Presse-Event, auf dem er sich jedoch nicht etwa entschuldigte. Vielmehr schob Jobs mit einem lapidaren „Ihr haltet es falsch!“ den schwarzen Peter an die Kunden weiter und gewährte zähneknirschend kostenlose iPhone-Hüllen, die die Empfangsprobleme beseitigen sollten.
Die Botschaft war klar: Die Negativpresse ist übertrieben und Apple weiterhin über jeden Zweifel erhaben. Der Technik-Blog Gizmodo, welcher den abhanden gekommenen Prototypen kaufte und umgehend Videoaufnahmen veröffentlichte, wurde vom Unternehmen aus Cupertino übrigens verklagt und ist seitdem auf Apple-Veranstaltungen unerwünscht.
Vor fünf Jahren gab es ein ähnliches PR-Desaster. Die mit iOS 6 eingeführte Karten-App von Apple entpuppte sich leider nicht als ernstzunehmender Google-Maps-Konkurrent, sondern sorgte nur mit falschen Routen und groben Darstellungsfehlern wie falsch platzierten Flughäfen für Schlagzeilen.
Anders als Jobs bei früheren Pannen reagierte Tim Cook allerdings weder mit Hochmut noch mit öffentlichen Schuldzuweisungen auf das Karten-Desaster. Der Apple-CEO zeigte sich vielmehr demütig und entschuldigte sich in einem offenen Brief bei allen betroffenen Kunden. Gleichzeitig nutzte Cook das Debakel, um sich von einer ungeliebten Person aus Apples Führungszirkel zu trennen. Scott Forstall, seinerzeit iOS-Chef, musste das Unternehmen verlassen, worauf Cook eine größere Umstrukturierung auf Apples Führungsebene durchsetzte.
Steve Jobs legte immer Wert auf klar voneinander getrennte Bereiche innerhalb des Unternehmens und sogar etwas Rivalität zwischen den einzelnen Abteilungen. Tim Cooks Ansatz geht in eine andere Richtung; er bevorzugt einen kooperativeren Arbeitsstil inklusive mehr Transparenz nach außen – so gibt Cook mehr Interviews, lässt sich häufiger auf Investorentreffen sehen und wirkt nahbarer als der charismatische Jobs. Kollegialität und Teamwork haben bei Apple heute einen viel höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren.
So war Apple Maps und die ausbleibende öffentliche Entschuldigung Forstalls dem Vernehmen nach auch nicht der einzige Grund für dessen Entlassung, sondern lediglich der letzte Sargnagel für den ohnehin nicht sehr beliebten damaligen iOS-Chef. Es hieß, Forstall sei zu eigensinnig und das angespannte Verhältnis zu Apples Design-Ikone Jony Ive belaste das ganze Unternehmen. Ironischerweise passte der mit seiner provokanten Art an Steve Jobs erinnernde Forstall nicht mehr zu dem von Cook vorangetriebenen offeneren und kollaborativeren Arbeitsambiente bei Apple.
Nach Forstalls Rausschmiss strukturierte Cook die Spitzenposten neu, was unter anderem die einheitliche Führung für Desktop- und Mobilsparte zur Folge hatte. OS-X-Chefentwickler Craig Federighi übernahm auch die iOS-Sparte, Hardware-Designer Jony Ive kümmert sich seitdem zusätzlich um die grafische Bedienoberflächen beider Betriebsysteme. Davon verspricht sich der Apple-CEO eine homogenere Funktionsweise sowie Optik von OS X und iOS; so war ein Mac-Betriebsystem optisch und funktional noch nie so nah bei iOS wie OS X Yosemite.
Apples Internet-Chef Eddy Cue war einer der einflussreichsten Jobs-Vertrauten und ist innerhalb des Unternehmens so geachtet wie kaum jemand sonst. Daher war eine der ersten Amtshandlungen Cooks die Beförderung Cues zum Senior Vice President, womit der neue CEO nicht nur einem langgedienten Mitarbeiter Wertschätzung zeigte und diesen damit endgültig auf seine Seite zog, sondern auch für gute Stimmung in der Belegschaft sorgte.