So hat sich Apple unter Tim Cook entwickelt: iPhone X, Apple Watch und neue Unternehmenskultur
2017: Das iPhone X und neue Hoffnung für den Mac-BereichIm April 2017 geschah etwas für Apple-Interessierte Unvorstellbares: Phil Schiller und Software-Chef Craig Federighi gaben in einem Interview nicht nur schwerwiegende Designfehler beim Mac Pro zu, sondern sprachen auch über das noch weit von einer Veröffentlichung entfernten Nachfolgegerät. Die anhaltende Kritik an Apples Mac-Politik sorgte bei Konzernchef Cook offenbar zu einem Umdenken darin, wie es mit den hauseigenen Rechnern weitergehen soll. Der Konzern wechselte von der Lethargie des „Weiter so“ in die Offensive.
Die alte Floskel des „Unter Steve Jobs hätte es das nicht gegeben“ ist zwar längst ausgelutscht, doch ähnlich wie beim Apple-Karten-Desaster im Herbst 2012 war auch im Gespräch mit Schiller und Federighi Cooks Unternehmensphilosophie zu erkennen. Statt sich wie unter Jobs nach außen immer nur stark und unbeeindruckt von Kritik zu geben, zeigte Apple erneut Demut und brach sogar mit dem Credo der Geheimniskrämerei über zukünftige Produkte. Der Konzern kündigte einen runderneuerten Mac Pro an, der modular aufgebaut sei und sich stärker an den Bedürfnissen des Profimarkts orientiere. Darüber hinaus ist ein dazu passendes Pro-Display in Arbeit.
Zuständig für das Design wird wieder Jony Ive sein, den Cook Ende 2017 überraschend ins Apple-Tagesgeschäft zurück lotste. Ive ist damit erneut Alleinverantwortlicher für Apples Hard- und Softwaredesign. Die Vorgänger Alan Dye und Richard Howarth werden auf Apples Website nicht mehr als Teil der Führungsriege aufgeführt.
Den wiedererwachten Fokus auf den Mac bewies Cook im Juni 2017, als Apple nur ein dreiviertel Jahr nach der letzten Aktualisierung die Hardware des MacBook Pro auf den neuesten Stand brachte. Gleichzeitig kamen neue iMacs auf den Markt. Im Dezember erschien zudem der hochgezüchtete iMac Pro, der die Wartezeit bis zum kommenden Mac Pro überbrücken soll.
iPhone X plus weitere HoffnungsträgerApples Hauptumsatzbringer startete im November 2017 mit einem kompletten Neudesign in den Verkauf. Es ist das erste iPhone ohne Home-Button, da das OLED-Display die komplette Frontseite des Geräts einnimmt. Als Authentifizierungsmethode kommt Face ID zum Einsatz. Das rahmenlose Display zählt zwar nicht als richtige Innovation, da Wettbewerber wie Samsung oder LG ähnliche Designideen schon vorher in Smartphones umsetzten. Dafür ist der Gesichtsscanner Face ID der Android-Konkurrenz technisch überlegen, da er mit lasergestützter 3D-Erkennung funktioniert.
Hinzu kommt die Augmented-Reality-Schnittstelle von iOS 11, die das Nutzungserlebnis von Apps und Spielen dank erweiterter Realität aufwerten kann. Tim Cook sieht AR als größtes Potenzial der jüngeren Firmengeschichte: „Augmented Reality wird alles verändern. Als wir den App Store des iPhones im Jahr 2008 vorstellten, sagten viele Leute ‚Das benutze ich wahrscheinlich eh nicht‘. Heute kann man sich ein Leben ohne Apps gar nicht mehr vorstellen.“ Der Bildungsbereich etwa profitiere von AR, da die erweiterte Realität die Art verändere, wie Menschen lernen. Auch der Gaming-, Unterhaltungs- und Shopping-Bereich stehen laut Cook vor großen Umwälzungen.
Cook setzt den Produkt-Fokus im Jahr 2017 zudem auf Accessoires und Services, die einen immer größeren Anteil am Gesamtumsatz des Konzerns ausmachen. Vor allem Apple Music gilt als Hoffnungsträger. Alle Anstrengungen laufen darauf hinaus, die Anwenderbasis des Dienstes zu vergrößern und damit auch daran anknüpfende Produkte interessanter zu machen. Das iPhone ist Apples wichtigste und lukrativste Musikabspielstation, die Kunden mit hauseigenem Zubehör wie den Beats-Kopfhörern, AirPods oder dem ab dem Frühjahr 2018 verfügbaren HomePod verwenden sollen.
Teammentalität und VielfaltTim Cook bleibt seiner Prämisse von Kooperation und Diversität auch im Jahr 2017 treu. Anders als Jobs, der gerne Konkurrenzdenken zwischen einzelnen Abteilungen kultivierte, verlangt der aktuelle Chef von Mitarbeitern immer größtmögliche Teammentalität. Schiller beschrieb Cooks Führungsstrategie in einem Interview so: „Tim erkennt die Kraft von gemeinschaftlicher Arbeit.“ Dies sei eine seiner größten Stärken.
„Es geht nicht nur darum, zusammen zu arbeiten, sondern sich auch immer neue Funktionen auszudenken, die nur durch Kollaboration zustandekommen.“ Ein Beispiel dafür seien etwa die AirPods, deren Zusammenspiel aus Hardware, Software und Funktechnologie nur so reibungslos funktioniere, weil diverse Abteilungen gemeinsam an den entsprechenden Lösungen feilten. Apples Zukunft stehe klar im Zeichen der Kollaboration verschiedener Unternehmensbereiche. Ob so auch ein Nachfolger für das iPhone als Cashcow gefunden werden kann, muss sich noch herausstellen.