Windows 95: Zunächst spottete Apple noch
Vor 20 Jahren, im
August 1995, kam Windows 95 auf den Markt. Aus Apples Sicht war Microsofts neues Werk natürlich meilenweit unterlegen und setzte nur Konzepte um, die Apple-Nutzer bereits seit vielen Jahren verwenden konnten. Das Urteil des Marktes fiel jedoch recht eindeutig aus. Untermalt von einer gigantischen Werbekampagne war der Start zwar von Stabilitätsproblemen begleitet, allgemein herrschte in den ersten Wochen allerdings Jubelstimmung. Von vielen großen Medien ließ sich vernehmen, der Mac biete vielleicht das etwas bessere System, allerdings habe Microsoft nun weitgehend aufgeschlossen.
Großer Schritt im Vergleich zu Windows 3.11Das multitaskingfähige System mit 32-Bit-Systemkern stellte einen gewaltigen Schritt im Vergleich zum Vorgänger Windows 3.11 dar. Windows 95 verfügte über eine komplett neue Oberfläche und erstmals auch über das Start-Menü. Dateien konnten in einen Papierkorb gelegt und wieder zurück in einen Ordner befördert werden, Dateinamen waren nun auf Wunsch länger als acht Zeichen und der Desktop galt als Ablageort für Dateien und Verknüpfungen.
Sommer 1995: Noch spottet AppleApple verspottete Windows 95 in mehreren Werbeanzeigen. Mitarbeiter führten in Anspielung an Apples vier Jahre altes System Sticker wie "Windows 95 = System 7" mit sich, im Wall Street Journal erschien eine ganzseitige Anzeige mit dem Schriftzug "C:\ONGRTLNS.W95" - als Seitenhieb auf das noch immer zugrunde liegende MS DOS natürlich ein Dateiname mit acht Zeichen. Auch folgende Werbeanzeige schaltete Apple:
Apples verpasste ChanceKurz nach der ersten Euphorie war der blendende Ruf angesichts zahlreicher technischer Probleme und Pannen jedoch dahin und das negative Image schlug durch. Apple verpasste diese Chance leider völlig. Selbst wenn viele Kunden angesichts der Probleme mit Windows 95 doch zu einem Mac greifen wollten, Apple hätte gar nicht liefern können, zu massiv ausgeprägt waren die Produktionsprobleme und Lieferschwierigkeiten. Apple stand weitgehend ratlos da; die Copland-Entwicklung scheiterte und Apple konnte nicht das lange Zeit versprochene große Update für Mac OS veröffentlichen. Microsoft baute den Markt hingegen ohne ernsthafte Konkurrenz komfortabel weiter aus. Apple-intern verlauteten sogar Stimmen, das Spiel sei nun wirklich gelaufen - es gebe nichts, das man Microsoft noch entgegensetzen könne.
Ist Windows 95 überhaupt ein Betriebssystem?Beinahe verzweifelt klingende Diskussionen, dass Microsoft eigentlich gar nicht die Bezeichnung "Betriebssystem" verwenden dürfe, taten dem Markterfolg keinen Abbruch. Kritiker führten an, Windows 95 sei nichts weiter als eine grafische Oberfläche für MS DOS, über das man Windows bei jedem Start des Computers aufrufen musste. DOS bleibt im Hintergrund aktiv, Windows 95 ohne DOS-Unterbau wäre nicht möglich gewesen. Mit derlei Spitzfindigkeiten war der normale Computernutzer aber definitiv nicht aus der Ruhe zu bringen - sollte man einen Zeitpunkt nennen, an dem der "Desktop War" endgültig für Apple verloren ging, so war es die Markteinführung von Windows 95.
Wie Windows 95 die Apple-Entwicklung beeinflussteGerne wird angeführt, an wie vielen Stellen sich Microsoft bei Apples Ideen bediente und teils schonungslos abkupferte. Allerdings beeinflusste Windows 95 auch die weitere Apple-Entwicklung, wie ehemalige Mitglieder des OS-Teams angaben. Den Windows-Kunden gefiel sehr gut, mit wie viel Farbeinsatz Microsoft die Systemoberfläche gestaltete. Bei Apple setzte sich daraufhin die Erkenntnis durch: Wir müssen sehr viel bunter werden - das Mac OS braucht mehr knallige Farbe und flächige Elemente. Kommende Versionen von Mac OS spiegelten diesen Trend wieder, auch wenn Apple sehr viel vorsichtiger als Microsoft vorging.