Wissenschaftler: Apples Foto-Analyse ist wirkungslos, aber gefährlich
Apple wollte eigentlich iOS 15 und iPadOS 15 mit einer Funktion ausstatten, welche Kinder besser vor Missbrauch schützen soll. Der kalifornische Konzern plante unter anderem, Fotos vor dem Hochladen nach iCloud mit den Hashwerten bekannter kinderpornografischer Bilder abzugleichen. Gefundenes Material sollte dann in den Vereinigten Staaten der zuständigen Kinderschutzorganisation gemeldet werden. Mit solchen Plänen steht Apple allerdings nicht allein da: Die Europäische Union plant ebenfalls entsprechende Maßnahmen zum Aufspüren und zur Eindämmung illegalen Materials.
Gefahr für Nutzer von Smartphones und ComputernZwölf auf Cybersicherheit und Datenschutz spezialisierte Forscher nahmen jetzt sowohl Apples angekündigte Foto-Analyse als auch die EU-Pläne genauer unter die Lupe. Da Ergebnis ihrer Arbeit veröffentlichten sie in einer 46-seitigen Publikation, über welche die
New York Times (Paywall) berichtet. Die Experten kommen darin zu dem Schluss, dass die angekündigten Maßnahmen weitgehend wirkungslos sind, aber eine Gefahr für die Nutzer von Smartphones und Computern darstellen. Sie gehen dabei davon aus, dass die Scans auf Dauer nicht nur für die Erkennung kinderpornografischen Materials eingesetzt werden, sondern auch von Bildern im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität und terroristischen Aktivitäten.
"Maßnahmen öffnen allgemeiner Bespitzelung Tür und Tor"Apples geplante Maßnahmen sowie einschlägige gesetzliche Regelungen öffnen den Wissenschaftlern zufolge einer allgemeinen Bespitzelung Tür und Tor. "Mit einer derartigen Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten wird eine rote Linie überschritten", sagt etwa der an der Universität von Cambridge tätige Professor Ross Anderson. Wie seine Kollegen ist er der Auffassung, dass Staaten es vielmehr zur nationalen Priorität erheben sollten, entsprechenden Versuchen des Ausspionierens und der Beeinflussung gesetzestreuer Bürger einen Riegel vorzuschieben. Das gelte insbesondere auch deswegen, weil anlasslose Überwachung nicht nur die Privatsphäre der Nutzer gefährde, sondern auch Wirtschaft, nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung.
Forscher: Foto-Analysen lassen sich einfach umgehenDie Wissenschaftler stellen zudem den Sinn von Maßnahmen wie Apples Foto-Analyse kategorisch infrage. Das Ergebnis ihrer Analyse zeige, dass bereits wenige Tage nach der Ankündigung Wege gefunden worden seien, diese zu umgehen. Bereits eine leichte Veränderung kinderpornografischer Bilder führe dazu, dass diese nicht mehr erkannt würden. Die Forscher begannen mit ihrer Arbeit bereits vor Apples Ankündigung, die geplanten Maßnahmen des iPhone-Konzerns flossen aber in die Analyse ein. Mit der Veröffentlichung wollen die Cybersecurity-Experten nach eigenem Bekunden die Verantwortlichen in der Europäischen Union auf die Gefahren der geplanten Verordnung aufmerksam machen und zu einem Umdenken bewegen.