Im Herbst, wohl wieder kurz vor den neuen iPhone-Modellen, erscheint das ebenfalls heute präsentierte iOS 8. In rascher Folge riss Apple heute die Neuerungen an und verweilte nur kurze Zeit bei den einzelnen Änderungen.
Intensiver ging Apple auf neue Möglichkeiten für Entwickler ein - während manch ein Normalanwender der Vorstellung mit verhaltener Begeisterung folgte, schlug das Entwicklerherz an vielen Stellen höher. Cook bezeichnete iOS 8 als weitreichendstes Update der iOS-Geschichte - sobald Entwickler die neuen Schnittstellen nutzen, ist diese Aussage auch richtig. Zunächst gehen wir aber auf die Endanwender-Funktionen ein, bevor wir in einem weiteren Teil der Serie Neuerungen aus Entwicklersicht beleuchten.
Als
überraschendste Neuerung zählt das Family Sharing - bis zu sechs Personen einer Familie können sich Inhalte aus den Stores teilen und untereinander austauschen. Für den Nutzer bedeutet dies eine Ersparnis - Apple macht hingegen die Plattform attraktiver, da die Motivation der einzelnen Familienmitglieder steigt, ebenfalls ein Apple-Gerät zu erwerben und nicht das günstigere Android-Smartphone.
Eine
willkommene Neuerung ist auch die Möglichkeit, mit einer App auf die Daten einer anderen App zugreifen zu können. Was bislang strikt abgeschottet war, ist nun endlich möglich. Immer vorausgesetzt natürlich, dass die Apps auch den Datenzugriff ermöglichen. Wild in den Dateien einer beliebigen App zu stöbern ist weiterhin nicht erlaubt. Versteckten iOS-Apps das Dateisystem vor dem Nutzer, so ist es jetzt in Teilen sichtbar; ebenfalls ein überraschender Aspekt, nun auch auf eine Ordnerstruktur zugreifen zu können. Einen Kritikpunkt, den man häufiger hörte, hat Apple damit beseitigt. Auch wenn Apple weiterhin nicht das Dateisystem so weit offenlegt, wie es beim Mac der Fall ist, etwas mehr Flexibilität und Macht über das Gerät bietet iOS 8 auf jeden Fall.
Seit Monaten bekannt ist Apples Strategie, den Gesundheitsmarkt ins Visier zu nehmen. "Gesundheit" heißt die App, mit der Gesundheitsdaten ausgewertet werden können, die von Drittanbieter-Zubehör stammen (z.B. Puls, Blutdruck, Gewicht...). Apple bietet dazu eine Schnittstelle an, kompatible Hardware soll im Herbst erscheinen. Von Marktbeobachtern wird der
Fitness-Bereich als gigantischer Markt gehandelt und Apple verstärkte das Personal in den letzten Monaten um zahlreiche Größen aus der Gesundheitsbranche. Apple möchte mit Health/Gesundheit Funktionen vereinen, die bislang mehrere verschiedene Apps erforderten. Nutzt man derlei Programme parallel, so ist "Gesundheit" naheliegenderweise eine sehr sinnvolle Neuerung - mit Sicherheit werden aber auch Anwender angesprochen, die endlich ein paar Pfunde verlieren wollen und weitere Motivation benötigen. Anstatt das dann nicht in Anspruch genommene Jahresabo im Fitness-Studio abzuschließen, greift manch einer stattdessen vielleicht zum iPhone, das ebenfalls dank HealthKit ein gesünderes Leben verspricht.
Die neue Foto-App unter iOS wird aller Wahrscheinlichkeit nach das Ende von iPhoto bedeuten, denn Apple will "Photos" Anfang kommenden Jahres auch für den Mac anbieten. Apple erfüllt den seit langem gehegten Nutzerwunsch,
Fotos direkt mit anderen Geräten zu synchronisieren und nicht nur in einem Fotostream abzulegen. Die Foto-Bibliothek lässt sich von allen Geräten und auch aus dem Browser heraus verwalten. Im
Vergleich zu vorher erheblich vielseitiger, praktischer und zudem mit umfangreicheren Bearbeitungsfunktionen versehen. Für 20 GB Speicher zahlt man 99 Cent pro Monat; deutlich weniger, als die recht überzogenen Preise, die Apple momentan für iCloud-Upgrades veranschlagt.
Bleibt als weiterer Punkt noch HomeKit, Apples Einstieg in eine "Smart Home"-Plattform. Apple will einen gemeinsam Netzwerk-Standard schaffen,
um Geräte im Haushalt per iPhone zu steuern. Das Konzept steht und fällt damit, wie viele Hersteller kompatible Geräte anbieten. Wird es nur je einen Hersteller von teuren Küchengeräten, Heizungen und Beleuchtungsanlagen geben, so wird HomeKit ein Nischendasein fristen. Springen viele Anbieter auf den Zug auf und siedeln sich nicht nur im Hochpreissegment an, dann hat das Konzept großes Potenzial. Wie sich der Markt entwickelt, kann aber erst in einigen Monaten abgeschätzt werden; momentan kündigte noch kein Hersteller kompatible Haushaltsgegenstände an.
iOS 8 wird iPhone 4S oder neuer und iPad 2 oder neuer voraussetzen, das iPhone 4 fiel erwartungsgemäß aus der Liste unterstützter Geräte heraus. Schon mit iOS 7 befand sich das iPhone 4 am Rande der Leistungsfähigkeit, unter iOS 8 wäre es wahrscheinlich wirklich zu langsam geworden.
Erstes FazitDie wirkliche Qualität von iOS 8 wird davon abhängen, was Entwickler mit den rund 4000 neuen Schnittstellen machen. Dies gilt zwar für jedes Systemupdate, bei iOS 8 aber angesichts der Vielzahl an angepassten APIs ganz besonders. Die derzeit bekannten
Neuerungen für den Endanwender werden nicht ausreichen, um Android-Nutzer in Scharen zum Plattformwechsel zu bewegen. Viele Unschönheiten bei der Nutzung gehören mit iOS 8 aber der Vergangenheit an, zudem übernahm Apple sinnvolle Funktionen anderer Smartphone-Plattformen. Apple stellte heute mehr Werkzeuge denn fertige Lösungen vor und legt somit viel Verantwortung in die Hände der Entwickler. Kurzfristig gesehen bedeutet dies für Endanwender, dass iOS 8 erst einmal ein kleineres Update wird, auf längere Sicht aber erheblich bessere und vielseitigere Software als heutzutage möglich ist.