Apple verkündet weitreichende Änderung: iOS-Apps direkt via Webseiten anbieten wird erlaubt
Ein häufiger Kritikpunkt an Apple bezüglich der EU-seitigen Öffnung von Technologien bzw. Plattformen lautet, viel Energie sei in das Ziel geflossen, die Nutzbarkeit so schlecht und umständlich wie nur irgendwie möglich zu gestalten. Das Unternehmen ziehe jegliche Register, unverändert Konkurrenten zu behindern und die überaus lukrativen Gebühren des App Stores als Milliardengeschäft beizubehalten.
Die neuerliche Ankündigung, fortan vertrauenswürdigen Entwicklern zu erlauben, ihre iOS-Apps über einen eigenen Web-Store verkaufen zu dürfen, wirkt zunächst wie eine zusätzliche Lockerung und große Freiheit. Für Hersteller mit einer einzigen, sehr erfolgreichen App, mag das auch durchaus so sein – für Marktplätze hat sich die Situation hingegen weiter verschlechtert.
Die Voraussetzungen für direkten VertriebUm sich den Zwischenweg über einen zusätzlichen Marktplatz zu ersparen, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu zählen neben dem steuerlichen Sitz in der EU und mindestens zwei Jahre Mitgliedschaft im Entwicklerprogramm auch mindestens eine Million Downloads im abgelaufenen Jahr. Entwicklern mit geringerer Stückzahl bleibt der Weg, ungeachtet ihres Umsatzes, schlicht versperrt.
Apples Taktik: Marktplätze unattraktiver machenEs ist jetzt attraktiver geworden, Apps direkt anzubieten, anstatt beispielsweise in einen Epic App Store oder Microsoft App Store zu gehen bzw. einen App Store mit nur einer einzigen App auf die Beine zu stellen. Für die erste Million Downloads fallen durch Web-Distribution nämlich keine 50 Cent "Core Technology Fee" pro jährlichem Download pro Nutzer an – wohl aber, wenn ein alternativer Marktplatz zum Einsatz kommt. Apples Strategie dürfte sicherlich lauten, Betreibern von Marktplätzen so die Chance zu nehmen, durch sehr bekannte Apps hohe Nutzerzahlen anzuziehen. Im Falle von Ein-App-Unternehmen wie Spotify wäre es zuvor eine Option gewesen, sich alternativen App Stores anzuschließen, nun wird der Vertrieb ganz sicher nicht über einen Marktplatz erfolgen, sondern eben direkt.
Der Ablauf für NutzerIm Hintergrund kommt weiterhin Apples Infrastruktur zum Einsatz, inklusive Überprüfung der App in einem vereinfachten Verfahren ("Notarization Review") sowie Abwicklung von Downloads und Updates. Anwender müssen in den Systemeinstellungen zudem jeden einzelnen externen Entwickler manuell erlauben, andernfalls ist kein Download möglich. Bei der Installation erscheint anschließend ein Sheet mit allen relevanten Informationen, ähnlich den App-Details, wie man sie im iOS App Store kennt. Der wesentliche, sichtbare Unterschied besteht darin, keinen alternativen App Store herunterzuladen, technisch gesehen unterscheiden sich die Vertriebswege ansonsten aber anscheinend nicht. Wirkliches "Sideloading", also Bezug von Apps aus beliebigen Quellen, bleibt weiterhin unterbunden. Es handelt sich daher auch nicht um "Download via Webseite", sondern explizit nur um "Verkauf via Webseite" (über Apples Anbindung).
ZeitplanWeb-Distribution soll im Rahmen eines weiteren Updates zu einem "späteren Zeitpunkt im Frühjahr" eingeführt werden. Es wäre somit durchaus möglich, bis zur WWDC warten zu müssen – der Juni-Termin ist in Apples üblicher Bezeichnungsweise noch "Spring" zuzuordnen. Wie auch bei allen anderen DMA-relevanten Änderungen beziehen sich die Anpassungen ausschließlich auf iOS, nicht jedoch iPadOS und auch nicht auf Länder außerhalb der EU.