iPhone 8: Besiegelt die nächste Smartphone-Generation den Tod für Einsteiger-Systemkameras?
Es ist noch gar nicht so lange her, als Kamerahersteller in ungefähr halb- bis einjährigem Rhythmus säckeweise neue, günstige Kameras mit fest im Gehäuse integrierten Objektiven vorstellten. Die sogenannten (digitalen) Kompaktkameras haben ungefähr ein Jahrzehnt lang den Markt für Comsumer-Kameras dominiert. Sie waren preisgünstig (unter 500 Euro), klein und einfach zu bedienen. Genau das Richtige für Urlaubsschnappschüsse, Ausflüge, Feste und Haustierfotografie.
Natürlich gab es auch früher schon anspruchsvolle digitale Systemkameras (SLR – Spiegelreflex mit Wechselobjektiven), doch die waren teuer, wuchtig und nur von Fotografie-erfahreneren Nutzern optimal zu nutzen. Die schiere Masse der Verbraucher nutzte Kompaktkameras, deren Bildqualität „gut genug“ für Schnappschüsse war.
iPhone als Totengräber der KompaktkameraMit dem Siegeszug des iPhones und später anderer Smartphones mit immer besser werdenden eingebauten Kameras wurde der (gar nicht so) schleichende Tod der Kompaktkamera eingeleitet. Innerhalb weniger Jahre war dieses Kamera-Segment nahezu ausgestorben. Heute dominieren Systemkameras mit Wechselobjektiven für anspruchsvollere Fotografen das Angebot der
Kamerahersteller. Dank der Einführung der Micro Four Thirds Kameras im Jahr 2008, welche als Erste den platzraubenden Spiegelkasten und die Sucheroptik eliminierte und die neue Klasse der spiegellosen Systemkameras einläutete, wurden auch anspruchsvollere Kameras kompakter und (teilweise) auch deutlich günstiger. Aber auch digitale SLRs wurden mit der Zeit immer erschwinglicher und mit immer mehr Automatikfunktionen ausgestattet, sodass auch Gelegenheitsfotografen sich die prestigeträchtiger aussehenden Bildmaschinen leisten konnten. Doch alles oberhalb von ca. 500 Euro ist eigentlich nur ein Nischenmarkt. Und Gelegenheitsfotografen verlieren nicht selten schnell die Lust an Kamerataschen und lästiger Objektiv-Wechselei, weshalb am Ende doch meist nur das Smartphone mitgenommen wird.
Mit zunehmender fotografischer Erfahrung der zig-millionen Smartphone-Knipser, sowie der Verknüpfung von Fotografie und sozialen Online-Medien, wächst aber nach wie vor der Anspruch an Bildqualität und gestalterischen Möglichkeiten. Systemkameras haben daher immer noch ihre Berechtigung. Wer mit dem Smartphone Gefallen an der Fotografie gefunden hat, greift nicht selten später zu einer Systemkamera.
Doch nun droht auch für die Kategorie der Einsteiger-Systemkameras Gefahr vom Smartphone.
Einsteiger-Systemkameras auf der Liste bedrohter ArtenDie größten Vorteile heutiger Systemkameras liegen – neben ihren erheblich größeren Bildsensoren mit höherer Auflösung – in den vielfältigeren Gestaltungsmöglichkeiten. Smartphone-Kameras waren bisher fast ausnahmslos auf Weitwinkel-Perspektiven beschränkt und konnten wegen ihres winzigen Sensors keine Tiefen(un)schärfeeffekte erzeugen, die Fotos eine besondere Dreidimensionalität verleihen und das Hauptmotiv optisch vom Hintergrund trennen. Letzteres kann inzwischen mit dem iPhone 7 dank seines Doppelobjektivs und cleverer Software in gewissen Grenzen – aber für die Masse der Nutzer in ausreichender Qualität – ebenfalls erzeugt werden. Und auch in anderen Bereichen, wie der kreativen Nutzung unterschiedlicher Brennweiten und den damit verbundenen Perspektiven (siehe Video unten), werden Smartphones den Wechselobjektivkameras künftig Konkurrenz machen.
Entscheidend ist die Masse, nicht der EnthusiastKlar, wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, dass gute Systemkameras auf Pixelebene nach wie vor deutliche Vorteile gegenüber Smartphones haben, viel höhere Auflösung bieten oder bei schlechten Lichtverhältnissen weniger Bildrauschen produzieren. Entscheidend ist aber, wie der „Otto-Normalverbraucher“ die Qualität einschätzt, der sich nicht die Mühe der Bildanalyse auf Pixelebene macht, sich nicht in Fotoforen tummelt und Artikel wie diesen nicht liest. Fast jeder Nicht-Fotoenthusiast, den ich in letzter Zeit dazu befragt habe, erklärte mir, wie fantastisch die Bilder aus dem iPhone doch inzwischen aussehen. Und genau diese Klientel wird mit noch besseren und noch flexibler nutzbaren Smartphones wie dem kommenden iPhone 8 vermutlich wieder einen Grund weniger haben, sich Gedanken um eine Systemkamera zu machen.
Was das für Kameras unterhalb von etwa 1.000 Euro bedeuten könnte, sollten sich die Hersteller besser jetzt schon genau überlegen. Die dürften nämlich den Weg der einstigen Kompaktkamera gehen und vielleicht schon bald vom Aussterben bedroht sein. Mit Sicherheit wird der Markt für solche Kameras deutlich schrumpfen und dadurch schnell unrentabel werden. Neue Innovationen, die dieses Schicksal abwenden könnten, sind am Horizont nicht zu erkennen. Im Gegenteil, Smartphones werden dank leistungsstarker Prozessoren und innovativer Software-Features immer überlegener.