iPhone X: Die Männer hinter den Leaks
Die Bombe platzte im April 2010. Auf der Newsseite Gizmodo erschienen bereits mehrere Monate vor der Präsentation des iPhone 4 Aufnahmen eines Prototyps, den ein Apple-Angestellter vermutlich in einer Kneipe vergessen hatte. Die Rede war von einem der größten Leaks in Apples Unternehmensgeschichte, der kaum noch zu toppen sei.
Doch dieses Jahr erging es dem Konzern ähnlich, da zwei Männer auf zwei verschiedenen Kontinenten die von Apple versehentlich schon im Sommer veröffentlichte Firmware des Siri-Lautsprechers HomePod genauestens untersuchten. Darin fanden sich außer detaillierten Hinweisen zum Gerätedesign des iPhone X auch diverse der neuen Funktionen, darunter Face ID.
Zu allem Überfluss kam wenige Tage vor dem iPhone-Event im September die Golden Master von iOS 11 in Umlauf, die weitere Geheimnisse preisgab. Dadurch konnte Apple während der iPhone-X-Vorstellung kaum Überraschungen präsentieren, da die meisten Neuerungen längst bekannt waren.
Cult of Mac sprach mit Steven Troughton-Smith und Guilherme Rambo. Beide Männer waren maßgeblich daran beteiligt, die iPhone-X-Leaks zutage zu fördern.
Steven Troughton-SmithDer Programmierer Steven Troughton-Smith ist 28 Jahre alt und lebt in Dublin (Irland). Er entdeckte als erster den Ausdruck „D22“, Apples hausinterne Bezeichnung für das iPhone X. Wenn es um Leaks geht, vertraut der Entwickler ohnehin hauptsächlich auf Codezeilen: „Im Gegensatz zu Zulieferer-Gerüchten sind Code-Inhalte eindeutige Beweise.“ Troughton-Smith entdeckte unter anderem die Display-Auflösung des iPhone X und die genaue CPU-Konfiguration des verbauten A11-Bionic-Chips. Auch Features wie Animojis fielen dem erfahrenen Entwickler während des Code-Studiums auf.
Troughton-Smith stöberte bereits in den ersten iOS-Versionen nach versteckten Hinweisen und Funktionen. Um in Apples Code vorzustoßen, verwendet er Debugging-Software wie Hopper Disassembler. Als Teenager gelang ihm der erste Durchbruch. Troughton-Smith fand in
iPhone OS 2 eine Möglichkeit, Emojis auf frühen iPhone-Modellen zu aktivieren. Die Entdeckung führte zu einer Reihe von Emoji-Aktivier-Apps, bis Apple die Funktion mit iOS 5 offiziell für alle Geräte einführte.
Die Apple-Begeisterung des Entwicklers reicht noch viel weiter zurück: „Ich vergesse nie den Moment, als mein Vater unseren ersten Mac, den Macintosh IIsi, kaufte. Seitdem bin ich ein Mac-Nutzer.“ Troughton-Smith war seinerzeit vier Jahre alt.
Heute entwickelt der Programmierer Apps für
High Caffeine Content und tauscht sich via Twitter oder über seine
Patreon-Seite mit anderen Nutzern aus. Seine populärste Anwendung ist Grace (Store:
) und richtet sich an Autisten.
Guilherme RamboDer 25-jährige Guilherme Rambo, der in Florianópolis (Brasilien) wohnt, fand die ersten Hinweise auf das Design des iPhone X. Der für die brasilianische E-Commerce-Website Peixe Urbano arbeitende iOS-Entwickler stieß in den Codezeilen des HomePods auf ein Symbolbild eines mysteriösen Geräts mit der Bezeichnung „D22“. Dadurch wurde die Display-Optik des iPhone X bekannt.
Drei Tage vor Apples September-Event spielte ihm eine namentlich nicht genannte Person die Golden-Master-Version von iOS 11 zu, inklusive der Firmware für D22 (iPhone X): „Die Firmware sollte eigentlich nach der Veranstaltung erscheinen. Außer den meisten Marketingbildern waren sämtliche Informationen verfügbar. Da alle iPhones – abgesehen von kleineren Unterschieden – die gleiche Firmware verwenden, konnte Rambo Teile des iPhone-X-Codes auf seinem iPhone 7 Plus betreiben. So entstand die Demo des Face-ID-Logins, die sich bereits vor der Präsentation der diesjährigen iPhone-Generation schnell im Internet verbreitete.
Rambo schätzt an Apple insbesondere die Haltung zum Thema Privatsphäre. Vor allem Tim Cooks Widerstand gegen FBI-Forderungen zur
Herausgabe von Nutzerdaten imponierte dem Entwickler. Der Konzern habe sich nach der Herausgabe der iPhone-X-Leaks sogar an ihn gewandt. Worum es bei der Kontaktaufnahme ging, verrät der Entwickler allerdings nicht.