macOS auf dem iPad: Apples klare Absage – aber auch ein wackliges Argument
Microsoft bietet mit Surface Pro und Surface Go sogenannte Convertibles an, auch andere Hersteller wie Lenovo haben solche Zwitter aus Tablet und Notebook im Programm. Auf diesen laufen dieselben Betriebssysteme wie auf Notebooks und Desktop-Rechnern. Apple hingegen setzt nur bei Computern auf macOS, iPhones und iPads kommen mit iOS/iPadOS. Im Inneren des neuen iPad Pro arbeitet jedoch ebenso wie in iMac, MacBook Pro 13 Zoll, MacBook Air und Mac mini Apples hauseigener M1-Chip. Was läge da näher, als auch die Tablets irgendwann mit dem "großen" Betriebssystem auszustatten?
Identische CPUs in Macs und iPad ProDieser Wunsch wurde zumindest gelegentlich in Foren und Sozialen Netzwerken geäußert, nachdem Apple das neue iPad Pro präsentiert hatte. Er ist aus gleich mehreren Gründen alles andere als abwegig: Die Apple-Silicon-Macs und die beiden High-End-Tablets nutzen dieselbe CPU-Architektur, das große iPad Pro verfügt über ein ähnlich großes Display wie MacBook Air M1 und MacBook Pro M1. Apple hat zudem mit Magic Keyboard und Smart Keyboard Folio Tastaturen im Programm, welche die flachen Rechner zu Notebooks oder Desktops umfunktionieren. Am Betriebssystem ändert deren Nutzung allerdings nichts.
Quelle: AppleZusammenführung steht nicht zur DebatteApple zufolge wird das auch auf absehbare Zeit so bleiben. Eine Zusammenführung der beiden Geräteklassen stehe nicht zur Debatte, sagten Marketing-Chef Greg Joswiak und der für den Hardware-Bereich zuständige Manager John Ternus im Gespräch mit
The Independent. Man plane hingegen, sich weiterhin auf die Verbesserung der beiden separaten Produktlinien zu konzentrieren. Apple wolle sich nicht in Theorien verzetteln, wie man Tablets und Computer einander angleichen könne. Zudem seien die Kunden in dieser Hinsicht geteilter Meinung. Die einen bevorzugten eine Vereinheitlichung, um sich nicht mehr zwischen Mac und iPad entscheiden zu müssen. Andere befürchteten eine Zusammenführung und mutmaßten sogar ein "Komplott", bei dem Apple die Abschaffung einer Gerätekategorie plane.
iPad Pro hat erhebliche LeistungsreservenTernus ergänzte, das kalifornische Unternehmen wolle weder Mac noch iPad in irgendeiner Form in ihrer Funktionsweise einschränken, damit das jeweils andere Gerät besser aussehe. "Wir strengen uns an, um sowohl den bestmöglichen Computer als auch das beste Tablet zu entwickeln", sagte Apples Hardware-Chef. Das werde beim neuen iPad Pro deutlich: Die Kunden profitierten davon, dass das Gerät erhebliche Leistungsreserven habe und nicht nach kurzer Zeit obsolet werden könne. Unter anderem aus diesem Grund habe man sich entschieden, das Tablet mit dem M1 auszustatten. "Die besten Apple-Silicon-Chips fanden immer ihren Weg ins iPad Pro, und der M1 ist eben der beste unserer Prozessoren."
Argumente wacklig – warum es doch eine künstliche Einschränkung istAllerdings sind die Argumente zumindest in einem Punkt angreifbar und nicht glaubwürdig. Mac und iPad Pro setzen wie erwähnt beide auf einen M1-Chip und sind enger verwandt denn je. Technisch gesehen wäre es durchaus möglich, das iPad Pro (zusätzlich) mit macOS zu versehen – und damit beim Anschließen an ein externes Display statt einer Touch- eine Maus- und Tastatur-orientierte Oberfläche zu zeigen. In diesem Fall wäre für viele Nutzer aber tatsächlich klar, nicht mehr Mac und iPad nebeneinander zu benötigen, was sicherlich zur Kannibalisierung von Verkaufszahlen führen würde. Apple weiß selbstverständlich um diesen Umstand – weswegen auch ein Tablet mit der Performance eines guten Desktop-PCs ausschließlich mit einem angepassten Smartphone-Betriebssystem arbeiten darf.
Kaum jemand nimmt Apple die Aussage ab, dies sei keine bewusste Limitierung, sondern eröffne Chancen. Hierbei handelt es sich relativ deutlich um eine Marketing-Entscheidung, keine hausinterne Konkurrenz zulasten des Umsatzes zuzulassen. Blickt man aber einige Jahre in die Zukunft, so erscheint es als der logische Weg, nicht mehr drei verschiedene Hochleistungs-Devices (Mac, iPad, iPhone) parallel zu benötigen – irgendwann wird es so weit sein, dass zumindest eine Plattform davon die Aufgaben der anderen komplett ersetzt. Wovor Apple aber wohl ebenfalls zurückscheut ist, mit einem Device nicht zwei komplett unterschiedliche Oberflächen bieten zu wollen. Hierfür müsste noch sehr viel mehr Harmonisierung von iPadOS und macOS stattfinden. Dies ist sehr schwierig, denn Touch-Systeme haben nun einmal andere Anforderungen an UI-Elemente als normale Desktop-UIs.