Einleitung: Der Weg hin zu Lion
Auf Cheetah (2001), Puma (2001), Jaguar (2002), Panther (2003), Tiger (2005), Leopard (2007), Snow Leopard (2009) folgt in diesem Sommer Lion. Das siebte große Update kommt etwas mehr als zehn Jahre nach Mac OS X 10.0 auf den Markt und bringt im Gegensatz zu Snow Leopard auch wieder viele neue Funktionen mit. Während sich Apple bei Snow Leopard hauptsächlich auf Arbeiten "Hinter den Kulissen" konzentriert hatte und einen schnelleren, leistungsfähigeren und stabileren Unterbau zu schaffen, ist die Liste wichtiger Neuerungen in Lion ziemlich lang geraten.
Philosophie hinter Lion: Zurück auf den Mac
Apples Event im vergangenen Oktober trug den Titel "Back to the Mac". Was erst als Aussage verstanden wurde, Apple wolle sich nun wieder auf den Mac besinnen, nachdem zuvor iOS im Vordergrund stand, war geringfügig anders gemeint. Back to the Mac bedeutet für Apple, positive Erfahrungen mit iOS jetzt auch auf dem Mac umzusetzen. Was sich unter iOS bewährt hat, soll nach Möglichkeit auf herkömmlichen Computern funktionieren. Wer schon einmal mit einem iPhone oder einem iPad gearbeitet hat, erkennt beim ersten Blick, an welcher Vorlage sich Lion orientiert. Nachdem iOS, bzw. damals iPhone OS, auf Grundlage von OS X entstanden, nimmt Apple jetzt den Weg in die entgegengesetzte Richtung. Mac OS X erhält Bedienungskonzepte, die ursprünglich nur für die Mobilversion des Systems gedacht waren.
Unterstützte Hardware
Mac OS X 10.6. Snow Leopard setzte der PowerPC-Ära ein Ende. Macs mit PowerPC-Prozessor können das System nicht mehr ausführen, vorausgesetzt wird ein Intel-Mac. Möchte man also seinen alten PPC-Mac weiter nutzen, so ist 10.5 Leopard das letzte Betriebssystem von Apple mit PPC-Unterstützung. Auch mit Lion gibt es wieder Macs, die nicht mehr unterstützt sind. Apple nennt in den bislang veröffentlichten Voraussetzungen, dass ein 64-Bit-fähiger Mac erforderlich ist. Somit werden auch die ersten Intel-Macs langsam "altes Eisen", ganz gleich wie gut sich diese noch einsetzen lassen. Arbeitet im Mac ein Core Duo, so ist das Update auf Lion nicht möglich. Erst Systeme mit 64-Bit-Unterstützung können Gebrauch vom neuen System machen. Das ist für Besitzer noch tadellos funktionierender Intel-Macs der ersten Generation ärgerlich, war aber angesichts Apples Produktpolitik von vornherein zu erwarten.
Die Oberfläche
Wie schon erwähnt, beinhaltet das Motto "Back to the Mac" auch, Oberflächen-Elemente von iOS auf Mac OS X zu überführen. An das vor zehn Jahren eingeführten "Aqua" erinnert so gut wie gar nichts mehr. Die Philosophie hinter Aqua besagte, dass man einzelnen Elementen der GUI (Graphical User Interface) das Aussehen von Flüssigkeiten verleiht. Ganz besonders stark fällt das in den ersten Versionen des Mac OS auf, bei dem die Buttons noch wie Wassertropfen auf der Oberfläche schwammen. Viele Elemente verhielten sich wie ein Tropfen Öl, der sich ganz bewusst von der Oberfläche abhebt.
Mit jedem großen Update von OS X schwächte Apple die anfangs doch sehr auffälligen und nicht immer eleganten Aqua-Elemente ab und die Oberfläche wurde flacher, weniger farbenprächtig, metallischer. Das gebürstete Metall war jedoch auch nur eine zeitweilige Erscheinung, da Apple mit 10.5 und 10.6 sowie einigen Programmen von Metall hin zu kunststoff-ähnlichen Oberflächen wechselte.
Auch wenn sich die GUI von Lion mit den nächsten großen Updates erneut verändert wird, so ist der Abschied von Aqua spätestens mit Lion nahezu vollständig. Man muss die Philosophie von Aqua schon gut kennen, um die in Fenstern links oben angebrachten drei Buttons noch entfernt als Tropfen zu erkennen. Lion macht die gesamte Systemoberfläche konsistenter und einheitlicher. Gab es zuvor oft Beschwerden über ein Sammelsurium unterschiedlicher UI-Elemente - hier Aqua, dort Metal, hier Plastik - so greift diese Kritik bei Lion nicht mehr. Nicht nur grafische Elemente, sondern auch das Layout bekannter Programme überarbeitete Apple. Dies fällt unter anderem bei Mail.app auf, das sich sehr stark an der iPad-Version orientiert.
Große neue Funktionen
Die wesentlichen Neuerungen von Mac OS X Lion verkündete Apple bereits im Oktober. So ist der Mac App Store fester Bestandteil von Lion, so wie er es seit Mac OS X 10.6.6 auch in Snow Leopard ist. Neue Wege beschreitet Apple beim Starten von Programmen. Das so genannte Launchpad offenbart eine Ansicht, wie man sie vom iPad kennt. Alle Programmsymbole sind aufgereiht, der Benutzer muss dazu nicht in den Programmorder wechseln. Launchpad wird über das Dock gestartet. Im Mac App Store erworbene Programme erscheinen direkt in dieser Ansicht, ohne dass der Benutzer sich noch manuell um die Verwaltung seiner Programme kümmern muss. Die Parallele zu iOS ist sehr deutlich - sowohl von der Bedienung als auch von der Optik her. So übernimmt Apple auch die Darstellung von Ordnerinhalten vom iOS. Klickt man auf einen Ordner, so öffnet sich eine Art Sprechblase nach unten und zeigt den zuvor miniaturisiert dargestellten Ordnerinhalt im Großformat an. Diese Funktion aus iOS 4 gibt es also auch in Lion.
In einem weiteren Punkt geht Apple mit den Lion den iOS-Weg. Apps sollen sich im Vollbildmodus bedienen lassen, um sich direkt auf das jeweilige Programm konzentrieren zu können. Ein Fortschritt für jene, die ein solche Konzept mögen und die volle Bildschirmfläche für eine App benutzen wollen. Natürlich lassen sich Programme nach wie vor auch in Fenstern nutzen, zum Beispiel wenn zwei Programme nebeneinander dargestellt werden sollen.
Mit 10.3 führte Apple Exposé ein und revolutionierte damit den Weg, schnell zwischen Programmen oder Dokumenten zu wechseln. Per Tastendruck oder Mausklick erscheinen alle Fenster verkleinert auf dem Bildschirm, ein weiterer Klick wechselt dann zum jeweiligen Fenster. Nach "Dock Exposé" aus Mac OS X 10.6 geht Apple mit Lion einen weiteren großen Schritt. Exposé wird durch "Mission Control" abgelöst, das zwar die grundsätzlichen Funktionen von Exposé beinhaltet, jedoch übersichtlicher wird und mehr Inhalte darstellen kann. Offene Fenster eines Programms sind gruppiert, auch Widgets, Schreibtisch-Inhalte oder Spaces lassen sich auf einen Blick erfassen und schnell auswählen. Der große Nachteil: Hat man zum Beispiel viele Fenster eines Programms geöffnet, so werden diese hintereinander positioniert. In einigen Fällen ist damit die Übersicht erheblich verschlechtert. Dies betrifft aber nur Anwender, die mit sehr vielen geöffneten Dokumenten arbeiten.
Multitouch ist das grundlegende Bedienungskonzept auf iPhone, iPod touch und iPad. In den letzten Jahren integrierte Apple bereits mehrere Steuerbefehle für Notebooks bzw. Macs mit Magic Trackpad. Lion orientiert sich noch stärker am iOS-Multitouch. Dies wird beim ersten Versuch, eine Seite zu scrollen, direkt sichtbar. Will man die Seite nach unten scrollen, so wird unter iOS der Finger von unten nach oben bewegt. Der iOS-Logik zufolge fasst man die Seite ja ähnlich an, wie man es auch mit einem Blatt Papier tun würde das auf dem Schreibtisch verschoben wird. Bis jetzt war auf Trackpads die entgegengesetzte Bewegungsrichtung erforderlich, mit Lion ändert sich das. Vorher: Zwei Finger nach unten ziehen lässt die Textzeilen nach oben wandern. Unter Lion: Zwei FInger nach unten ziehen lässt die Textzeilen nach unten wandern.
Mit Freigabe der Developer Preview äußerte sich Apple auch zu weiteren neuen Funktionen aus Lion. Was Entwickler ohnehin einsetzen, nämlich eine Versionsverwaltung, gibt es mit Lion auch für Dokumente. Die verschiedenen Bearbeitungszustände einer Datei werden gespeichert, sodass es einfach möglich ist, die Änderungen zu verfolgen oder wieder auf den Zustand seit dem letzten Speichern zurückzukehren. Apple bezeichnet diese Funktion als "Versions" - genau wie eine bekannte Versionsverwaltung für Entwicker.
Das, was Apple unter iOS als Multitasking bezeichnet, ist nicht unbedingt die gleichzeitige Ausführung mehrerer Programme. Wechselt man zwischen verschiedenen Programmen, so laufen die jeweils nicht sichtbaren Apps nicht, sondern befinden sich im "Suspend-Zustand". Aktiviert man diese App, so wird (je nach App und je nach Entscheidung des Entwicklers) derselbe Zustand wie zum Zeitpunkt des Beendens angezeigt. Apple bezeichnet dies als "Resume", die Funktion kann über die Systemeinstellungen deaktiviert werden.
Hier hat sich Apple der Technologie aus iOS bedient und ermöglicht es nun, dass bei einem Neustart oder einem Abmelden/Anmelden die Programme, die zu diesem Zeitpunkt offen waren, exakt in dem selben Zustand wieder geöffnet werden. Unter Mac OS X laufen Programme aber auch im Hintergrund weiter und werden nur nach längerer Zeit bei Inaktivität und Speichermangel in den "Suspend-Zustand" gebracht.
Eine Netzwerkverbindung einzurichten, stellt für unerfahrene Benutzer mitunter ein Problem dar. Zwar ist Datenaustausch nach Erstellung eines solchen Netzwerks praktikabel, jedoch nicht komfortabel. Apple will mit "AirDrop" Vereinfachungen bieten. Ohne Konfiguration lassen sich Daten mit anderen Benutzern austauschen. Ein Klick auf AirDrop in der Symbolleiste und der Austausch ist aktiviert. Andere Personen im Netzwerk werden angezeigt, per Drag&Drop kann der Benutzer diesen dann Dateien schicken. Genauso lässt sich AirDrop auch wieder deaktivieren, wenn kein Austausch mehr gewünscht ist.
Nach der Einstellung des Xserves wurde gemunkelt, ob Apple Mac OS X Server einstellt und keine Serverversion mehr anbietet. Zum Teil ist diese Aussage richtig. Es gibt tatsächlich nicht mehr Mac OS X und Mac OS X Server, sondern nur noch ein einziges System. Die Server-Funktionen lassen sich als zusätzliches Paket über den Mac App Store erwerben.
Erwerben lässt sich OS X Lion demnächst für 23,99 Euro über den Mac App Store.